Die Fachstelle Bildung für Kulturelle Bildung ist eine von fünf Fachstellen im bundesweit tätigen Fachnetzwerk für kommunales Bildungsmanagement. Träger ist die Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ). Die REAB NRW sprach mit Antje Materna, Projektleiterin der Fachstelle, über die Bedeutung und Rolle der kulturellen Bildung in der kommunalen Bildungsarbeit.
Welche Unterstützung bietet die Fachstelle auf Bundesebene, um kulturelle Bildungsangebote weiterzuentwickeln – und wo liegen dabei die größten Herausforderungen und Chancen?
Als Fachstelle bündeln wir das breite Wissen aus dem Feld der Kulturellen Bildung und stellen es für alle zur Verfügung, die sich für die kommunale Verankerung von Kultureller Bildung interessieren – etwa in Form von Publikationen, Materialien, Praxisbeispielen und Workshops. Unser Ziel ist es, den Einstieg ins Thema zu erleichtern und gleichzeitig tiefere Auseinandersetzungen zu ermöglichen. Über die Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung (BKJ), bei der wir angesiedelt sind, profitieren wir von einem starken bundesweiten Netzwerk. Das erlaubt uns, Impulse aus Theorie und Praxis aufzunehmen – von der Bundesebene bis hin zur lokalen Umsetzung.
Für Kommunen ist gerade die Verankerung Kultureller Bildung oft eine große Herausforderung: Kulturelle Bildung ist ein äußerst breites Feld mit einer Vielzahl an Akteuren, Formaten und Handlungslogiken. Es gibt keine einheitliche Definition – jedes kommunale Verständnis muss sich an den eigenen Gegebenheiten orientieren, um Kulturelle Bildung zu fassen und zu konturieren. Diese Komplexität, verbunden mit begrenzten Ressourcen, ist nicht leicht zu stemmen.
Genau hier setzen wir gemeinsam mit den REAB im Netzwerk an: mit kollegialer Beratung, Prozessbegleitung vor Ort und intensiven Austauschformaten. Die Erfahrungsweitergabe ist uns dabei sehr wichtig. Deswegen erzählen in unserem Podcast „Transformator – Der Podcast für eine kulturelle Bildungslandschaft“ Bildungskommunen, wie sie Kulturelle Bildung stärken. In dieser Reflexion wird immer deutlich, wie die Kommunen sich wichtige Zukunftsthemen mit Kultureller Bildung erschließen können – von Transformation über Ganztag bis Fachkräftesicherung.
Welche Rolle spielt Kulturelle Bildung in einer ganzheitlichen kommunalen Bildungsstrategie – und warum sollte sie einen festen Bestandteil darstellen?
Kulturelle Bildung ist in vielen Kommunen bislang eher punktuell eingebunden – oft projektbasiert und innerhalb einzelner Ressorts. Sie wird selten als fester Bestandteil einer übergreifenden Bildungsstrategie gedacht. Das liegt sicher auch an ihrer Komplexität, die zunächst eine Hürde darstellen kann. Dabei stecken so viele Potenziale in ihr. Kulturelle Bildung ist per se ein Querschnittsthema und schafft Verbindungen zu anderen Feldern und Themen – etwa zu Demokratiebildung, zu außerschulischer MINT-Bildung, zu BNE und Teilhabe- und Diversitätsfragen. Gerade diese Schnittmengen machen sie so wertvoll für eine lebendige Bildungslandschaft.
Damit dieses Potenzial wirksam werden kann, braucht es jedoch mehr als Einzelmaßnahmen: Kulturelle Bildung muss strukturell verankert werden – mit klarer strategischer Ausrichtung, entsprechenden Ressourcen und kommunaler Steuerung. Nur so kann sie zur Zukunftsfähigkeit von Kommunen beitragen. Natürlich gibt es hierfür keine Blaupause. Jede Kommune muss ihr eigenes Profil entwickeln, relevante Schnittstellen identifizieren und Kulturelle Bildung in Bildungsleitbilder und Konzepte integrieren. Auch Instrumente, wie das datenbasierte kommunale Bildungsmanagement, können hier helfen – vor allem, wenn sie alle relevanten Akteure einbeziehen. Die verschiedenen Professionen und Beteiligten einzubeziehen, statt top-down zu agieren, ist besonders wichtig: Denn Kulturelle Bildung ist kein Zusatz – sie ist ein zentraler Baustein für ganzheitliche Bildung.
Warum lohnt es sich gerade jetzt, Kulturelle Bildung stärker in den Fokus kommunaler Bildungsarbeit zu rücken?
Gerade jetzt? Ganz klar: Kulturelle Bildung ist ein echter Motor für Transformation und ein harter Standortfaktor. In Zeiten, in denen viel in Bewegung ist – von der Digitalisierung über den demografischen Wandel bis hin zum Klimawandel – ist Bildung wichtiger denn je. Dazu kommen die bildungspolitischen Herausforderungen, wie der Ganztagsanspruch ab 2026. Und das Ganze bei hohem finanziellem Druck. Die Herausforderungen betreffen aber nicht nur die Gestaltung von Bildungsstrukturen, sondern auch den sozialen Zusammenhalt vor Ort. Da in Zeiten wachsender Polarisierung auch die Demokratie Erschütterungen standhalten muss, muss Bildung mehr denn je auf die Lebenswelten der Menschen eingehen. Und genau hier kommt Kulturelle Bildung ins Spiel.
Kulturelle Bildung ist Brückenbauerin und öffnet einen direkten Bezug zur Lebenswelt. Sie trägt beispielsweise zur Demokratiebildung bei, indem sie Menschen in sozialen Räumen aktiv einbindet und lokale Potenziale nutzt. Sie kann auch Transformationsprozesse anstoßen und begleiten – durch kreative Lösungen und innovative Ansätze. Der zentrale Ort, um solche Veränderungen anzustoßen, sind die Kommunen. Sie müssen ein Experimentierraum für zukunftsfähige Bildung werden. Das braucht zwar Zeit, Geduld und den Mut, neue Wege zu gehen, aber die Chance ist groß: Wenn Kulturelle Bildung stärker in die kommunale Bildungsarbeit integriert wird, kann sie zu einem Treiber für positive Veränderungen vor Ort werden.
Vielen Dank für das Gespräch und die Einblicke in die Arbeit der Fachstelle für Kulturelle Bildung!