Kinder und Jugendliche gestalten Qualität im Ganztag mit - Einblicke in Quigs Kids

Wie kann echte Partizipation im schulischen Ganztag mit Kindern und Jugendlichen gelingen? Das Qualitätsentwicklungsinstrument Quigs Kids geht neue Wege: Es stellt Kinder und Jugendliche konsequent in den Mittelpunkt und macht sie zu aktiven Mitgestaltenden ihres Alltags im Ganztag.
Im Interview sprechen wir mit unseren Kolleginnen aus dem Institut für Soziale Arbeit e.V. Sarah Spannruft und Kerstin Schneider (Serviceagentur Ganztasgbildung NRW) über die Grundideen von Quigs Kids, über Erwartungshaltungen und darüber, warum echte Qualitätsentwicklung nur funktioniert, wenn viele Perspektiven gehört werden.
Was ist Quigs Kids? Um was geht es genau bei diesem Angebot?
Kerstin Schneider: Quigs Kids wurde in der Serviceagentur Ganztagsbildung NRW im Auftrag des MKJFGFI NRW und MSB NRW als Angebot für Ganztagsgrundschulen und weiterführende Ganztagsschulen entwickelt. Es geht darum, Schulen ein digitales Angebot zu unterbreiten, die eigene Qualitätsentwicklung im Ganztag Kind- und jugendorientierter zu gestalten – indem direkt die Perspektiven der Kinder- und Jugendlichen dialogisch einbezogen werden.
Sarah Spannruft: Quigs Kids ist eine Weiterentwicklung. Frühere Versionen waren nur auf die Einschätzungen von erwachsenen Fachkräften ausgerichtet. Die neue Version integriert die Perspektive der Schüler:innen bewusst als zentralen Ausgangspunkt für Verbesserungen. Hintergrund für unsere Überlegungen ist dabei – vor dem Hintergrund des Rechtsanspruchs – der Ruf nach Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen in der Jugendhilfe. Wir wollen mit diesem Tool dabei unterstützen, echte Teilhabe im Schulalltag zu verankern. Aus unserer Sicht ist das Instrument ein progressiver Vorstoß, denn man gibt Schulen quasi ein Instrument für die Weiterentwicklung an die Hand, das zunächst vor allem die Bedarfe von Kindern und Jugendlichen fokussiert.
Wie ist Quigs Kids aufgebaut?
Kerstin Schneider: Es gibt einen Qualitätskreislauf, also einen Leitfaden, der durch den ganzen Prozess führt und davon ist einer der ersten Schritte, dass man eine Abstimmung mit der gesamten Schule durchführt, auf Klassen oder Kleingruppen aufgeteilt. Das ist ein Set von 23 Fragen. Im besten Fall werden alle diese 23 Fragen auch gestellt. Diese sind auf drei Kernthemen verteilt. Partizipation – also Mitbestimmung der Kinder, Lebensweltorientierung – die Schule soll an der Realität der Schüler:innen andocken, und Sozialraumorientierung. Alle Kernthemen werden flankiert von zugehörigen Fachtexten und Erklärvideos für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Am Ende der Befragung stehen die Schlüssel-Fragen: "Welches dieser drei Themen ist euch am wichtigsten? Womit wollt ihr als Erstes starten?" Diese finale Abstimmung dient als Grundlage für die Priorisierung im weiteren Prozessverlauf. Daraufhin sammeln die Jugendlichen gemeinsam Ideen, die in einem gemischten „Team“ – bestehend aus Kindern, Jugendlichen sowie Erwachsenen – diskutiert, gebündelt und priorisiert werden. Dieses „Gremium“, das Quigs Team, übernimmt eine zentrale Steuerungsfunktion im Prozess und entlastet die gesamte Schulgemeinschaft, indem es strukturiert weiterarbeitet – unter anderem an der Entwicklung eines Aktionsplans, der anschließend umgesetzt und reflektiert wird.
Welche Rolle hat die Serviceagentur Ganztagsbildung NRW in diesem Prozess?
Sarah Spannruft: Unsere Rolle ist es nicht, Schulen zu überreden, sondern sie zu inspirieren, Quigs Kids als durchdachtes fertiges Gesamtpaket für die eigene Qualitätsentwicklung aktiv zu nutzen. Flankierend dazu setzen wir schulübergreifende Einführungsworkshops und Infoveranstaltungen um. Hier werden Fragen beantwortet und Austausch zwischen den Schulen ermöglicht. Wir kontrollieren auch nicht, welche Schulen teilnehmen. Ziel ist es, den Schulen ein niedrigschwelliges Angebot zur Verfügung zu stellen. Die Entscheidung zur Umsetzung liegt bewusst bei den Schulen selbst – denn nachhaltige Veränderung beginnt mit echter Eigenmotivation.
Was brauche ich als Schule, um loslegen zu können?
Sarah Spannruft: Quigs Kids ist ein kostenfreies Angebot, mit dem man direkt loslegen kann. Es erfordert lediglich Internet und digitale Endgeräte an der Schule. Für die Erklärvideos, den Einsatz des Abstimmungstools und den gemeinsamen dialogischen Blick auf die Ergebnisse braucht es natürlich Whiteboard und/oder Beamer.
Welches Wissen gibt es darüber, mit welchen Themen Kinder und Jugendliche meistens starten möchten?
Sarah Spannruft: Es gibt ja keine flächendeckende Erfassung der Ergebnisse. Wir greifen auf einige Best-Practice-Beispiele zurück und die sind je nach Schule und Sozialraumsetting sehr unterschiedlich. An einem Gymnasium wurde sich zum Beispiel dafür entschieden, den Themenschwerpunkt Partizipation als Erstes anzugehen. Da ging es unter anderem um eine andere Gestaltung der Mensa und um die Gestaltung der Pausen am Nachmittag. Meistens vermischen sich die Themen aber alle bzw. stehen in einem gemeinsamen Bezug. An sich ist es auch gar nicht so wichtig, welche Themen häufig gewählt werden. Es soll in erster Linie darum gehen, die Perspektiven, Meinungen und Bedarfe von Kindern und Jugendlichen überhaupt wahrzunehmen. Einige Schulleitungen melden uns zum Beispiel zurück, dass sie überrascht darüber sind, wie stark Kinder und Jugendliche auf das Angebot reagierten – insbesondere darüber, dass viele selbst erstaunt waren, tatsächlich mitbestimmen zu dürfen. Obwohl Erwachsene oft davon ausgehen, dass Mitsprache selbstverständlich sei, zeigt sich in der Praxis und in Studien, dass der Weg dahin für junge Menschen oft nicht klar erkennbar ist. Die Lücke liegt manchmal weniger im Wollen der Erwachsenen, sondern im fehlenden Zugang zur echten Beteiligung. Quigs Kids ist also auch ein verbindendes Element dafür, dass verschiedene Perspektiven zusammengebracht werden und dass Erwachsene und Kinder sowie Jugendliche in einen gemeinsamen Dialog treten.
Kerstin Schneider: Passend dazu berichtete uns eine Schule, dass durch Quigs Kids ein breiterer und gerechterer Austausch darüber entstand, welche Spielsachen für die Spielecke angeschafft werden sollen. Dabei wurden nicht nur die Kinder gehört, die sich am stärksten bemerkbar machen können – sondern auch jene, die sonst oft übersehen werden.
Wie erfahre ich als Schule davon, dass es das Angebot gibt?
Sarah Spannruft: Im besten Fall über die Kanäle, die wir bespielen. Der Newsletter der SAG NRW, über das System der Ganztagsberater:innen und über das Bildungsportal und das Amtsblatt des Landes Nordrhein-Westfalen. Im besten Fall auch durch den Austausch mit anderen Schulen. Auf der kommunalen Ebene sind wir häufig zu Gast bei Bildungskonferenzen und Fachtagungen und stellen das Angebot vor.
Welche Ideen hättet Ihr noch, um das Angebot sichtbarer zu machen?
Sarah Spannruft: Eine Idee wäre es, dass Quigs Kids z.B. über eine Plakette oder im Rahmen des Schulprofils auch zur Attraktivität einer Schule beitragen kann, etwa im Hinblick auf die Außenwirkung – z. B. gegenüber Eltern und Kindern sowie Jugendlichen, die eine Schule vielleicht auch danach auswählen, wo das Thema Beteiligung dazugehört.
Vielen Dank für das Gespräch!
Auf einen Blick:
- Zu Quigs Kids: www.quigs-nrw.de
- Bei Anfragen für Workshops/Inputs: https://quigs-nrw.de/kontakt/
- Digitale Informationsveranstaltung zu Quigs Kids: Anmeldung und Infos auf der Website der SAG NRW
- In Kürze wird ein weiteres Beratungsangebot veröffentlicht: eine flankierende digitale Veranstaltungsreihe zur Anwendung und Umsetzung von Quigs Kids in Ihrer Ganztagsschule – die Termine starten im Herbst 2025 -Sommer 2026. Weitere Informationen zeitnah auf www.quigs-nrw.de.